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Arbeitsgruppe Grüninger

  • Optische Spektroskopie
    • Fourier-Transformations-Infrarot-Spektroskopie
    • Ellipsometrie
    • THz-Spektroskopie (auch in hohen Magnetfledern)
  • RIXS (resonante inelastische Röntgenstreuung)
  • Stark korrelierte Elektronensysteme, Übergangsmetalloxide(3d, 4d, 5d)
    • Quantenspinsysteme in 1D, 2D und 3D
    • Orbitale Anregungen, orbitale Fluktuationen
    • Wechselspiel von Ladungs-, Spin-, Orbital- und Gitterfreiheitsgraden
    • Unkonventionelle Supraleitung, Hoch-Tc-Kuprate
  • Topologische Isolatoren
  • Systeme mit starker Spin-Bahn-Kopplung

"Quantum matter"

Unter "quantum matter" versteht man Materialien, deren Eigenschaften auf quantenmechanischen Wechselwirkungen in Vielteilchen-Systemen basieren. Ein grundlegendes Verständnis dieser Systeme stellt eine der zentralen Herausforderungen für die moderne Festkörperphysik dar. Quantum matter zeigt eine Vielzahl von faszinierenden Phänomenen und immer wieder werden neue überraschende Effekte gefunden. Die große Familie der Übergangsmetalloxide mit starken elektronischen Korrelationen zeigt zum Beispiel Hochtemperatur-Supraleitung, Quantenmagnetismus, orbitale Fluktuationen, Multiferroizität und viele andere Effekte. In den letzten Jahren sind weltweit insbesondere Systeme mit starker Spin-Bahn-Kopplung ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Dazu gehören u.a. die topologischen Isolatoren, deren metallische Oberflächen Dirac-Elektronen beherbergen. Für die optischen Eigenschaften von topologischen Isolatoren wurden eine Reihe von exotischen Phänomenen vorhergesagt; dazu gehören u.a. der topologische magnetoelektrische Effekt, ein universeller Leitwert der metallischen Oberflächen bei hohen Frequenzen, die Kopplung von Spin- und Ladungsfreiheitsgraden zu einem Spin-Plasmon oder ein universeller Faraday-Effekt. Vielversprechende Herausforderungen für die optische Spektroskopie!

Optische Untersuchungen dieser Systeme über einen breiten Frequenzbereich sind von zentraler Bedeutung für ein mikroskopisches Verständnis der grundlegenden Phänomene. Hier ein kurzes Beispiel: vor kurzem konnten wir in topologischen Isolatoren mittels Fourier-Spektroskopie ein neues Bulk-Phänomen nachweisen: die Bildung von "puddles" (Pfützen lokalisierter Ladungsträger) bei tiefen Temperaturen und deren rasche Auflösung mit steigender Temperatur. Der isolierende Bulk entspricht dabei einem perfekt kompensierten Halbleiter. Coulomb-Wechselwirkungen zwischen zufällig verteilten Donatoren und Akzeptoren führen zu starken Bandverbiegungen. "Puddles" werden gebildet sobald Valenz- oder Leitungsband das Fermi-Niveau berühren. Völlig überraschend war die Beobachtung, dass diese "puddles" durch Erwärmen auf 50 K verschwinden. Dies kann jedoch durch thermisch angeregte Ladungsträger quantitativ beschrieben werden. Diese thermisch angeregten Ladungsträger schirmen die Coulomb-Wechselwirkungen besser ab und reduzieren so  die Bandverbiegung.

Experimentelle Untersuchungen von neuen Materialien und die Beobachtung von völlig neuartigen Effekten stellen eine faszinierende Erfahrung dar. Fragen zu Bachelor- oder Masterarbeiten in der Arbeitsgruppe können gerne in einem persönlichen Gespräch geklärt werden.

 

Optische Spektroskopie (THz-Spektroskopie, Fourier-Spektroskopie, Ellipsometrie)

Durch die Kombination von Ellipsometrie, Fourier-Spektroskopie und THz-Spektroskopie sowie einer engen Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. J. Hemberger, die sich u.a. mit dielektrischer Spektroskopie beschäftigt, decken wir gemeinsam einen Frequenzbereich von 18 Größenordnungen ab, von mHz bis PHz (sprich: UV).

Messungen mittels Fourier-Spektroskopie sind vom fernen Infrarot bis ins UV möglich (2 meV bis 6 eV). Dies erlaubt die Untersuchung von vielen unterschiedlichen Anregungen wie z.B. Absorption durch freie Ladungsträger, Phononen, orbitale und magnetische Anregungen, Exzitonen und Interband-Anregungen. Ein Fokus der Arbeitsgruppe liegt auf der Untersuchung eigentlich "verbotener" Anregungen wie Spinonen oder Orbitonen, die z.B. durch die zusätzliche Anregung eines Phonons oder durch Spin-Bahn-Kopplung optisch aktiv werden.

Die Ellipsometrie ist eine selbst-normierende Methode, die den im Allgemeinen elliptischen Polarisationszustand des reflektierten Lichts bei Messungen unter endlichem Einfallswinkel misst. Durch diese Selbst-Normierung erlaubt die Ellipsometrie insbesondere eine sehr genaue Bestimmung der Temperaturabhängigkeit der optischen Eigenschaften, z.B. die Änderung des spektralen Gewichts in der optischen Leitfähigkeit aufgrund eines magnetischen Phasenübergangs. Anhand der detaillierten Temperaturabhängigkeit kann z.B. in den Vanadaten zwischen einer orbitalen Flüssigkeit mit starken Quantenfluktuationen und eher klassischer langreichweitiger orbitaler Ordnung unterschieden werden. Ein weiteres Beispiel ist der Nachweis der Änderung der elektronischen Anregungen in Magnetit Fe3O4 am viel diskutierten Verwey-Übergang.

 

Die THz-Spektroskopie erlebt seit einigen Jahren eine enorme Entwicklung. In enger Zusammenarbeit mit der AG Hemberger verwenden wir Photomischer, die zirkular polarisierte THz-Strahlung bei der Differenzfrequenz zweier schmalbandiger und durchstimmbarer Nahinfrarot-Laser erzeugen. Durch kohärente Detektion werden sowohl die Amplitude als auch die Phase der Strahlung bestimmt.  Dieses außergewöhnliche Setup erlaubt Messungen von 60 GHz bis 2 THz mit einer Auflösung im Bereich von wenigen MHz. Besonders interessant ist die Möglichkeit, die Photomischer innerhalb eines Magnetkryostaten  zu betreiben und so THz-Messungen mit zirkular polarisiertem Licht in hohen Magnetfeldern (bis zu 8T) und bei tiefen Temperaturen ohne den störenden Einfluss von optischen Fenstern durchzuführen. Diese Methode ist hervorragend geeignet für die Untersuchung von z.B. magnetischen Anregungen oder des universellen Faraday-Effekts in topologischen Isolatoren. Vor kurzem haben wir eine neue Methode zur selbst-normierenden Bestimmung der Phase mit deutlich verbeeserter Genauigkeit entwickelt. Basierend auf dem Photmischen dreier Laser wird die (z.B. thermische) Drift des optischen Gangunterschieds eliminiert. Somit konnten wir eine Genauigkeit von 10-8 des optischen Weges erreichen.

 

RIXS (resonante inelastische Röntgen-Streuung)

RIXS kann als Analogon zur resonanten Raman-Streuung betrachtet werden, wobei RIXS die Vorteile der Röntgenstrahlung im Vergleich zu sichtbarem Licht ausnützt. Die kurze Wellenlänge der Röntgenstrahlung ermöglicht Untersuchungen als Funktion des übertragenen Kristallimpulses, sprich der Dispersion der Anregungen. Durch das Abstimmen der Energie der einfallenden Photonen mit einer Absorptionskante kann man den Streuquerschnitt erhöhen, bestimmte Ionensorten oder sogar Plätze im Kristallgitter auswählen und insbesondere die Empfindlichkeit für Anregungen mit bestimmtem Charakter erhöhen. Somit stellt RIXS eine äußerst schlagkräftige Methode zur Untersuchung der elektronischen Freiheitsgrade dar. Experimentell wurde in den vergangenen Jahren ein enormer Fortschritt in Bezug auf Energie- und Impuls-Auflösung erzielt. Parallel dazu wurde auch die theoretische Beschreibung des RIXS-Prozesses deutlich verbessert. In den Vanadaten konnten wir mittels RIXS an der V L Kante die Effekte der Superaustausch-Wechselwirkungen und des Kristallfelds auf die orbitalen Anregungen auflösen. Dabei haben wir einen unkonventionellen Mechanismus für die Dispersion orbitaler Anregungen entdeckt. Darüber hinaus konnten wir mittels RIXS an der O K Kante sowohl 2-Orbiton-Streuung als auch Anregungen über die Mott-Hubbard-Lücke nachweisen und somit zeigen, dass RIXS an der O K Kante sehr empfindlich für intersite Anregungen ist.